Rohrbauanleitung für Oboe; Deutsche Methode


1. Aushobeln

Ich verwende Rohrholzstangen mit exakt 10mm Durchmesser. Meine Hobelmaschine hat eine Klinge mit 11mm Durchmesser. Dadurch erhält man dünnere Seiten und eine kräftigere Stärke in der Mitte des gehobelten Holzes. Ich benütze Hobelmaschinen von Kunibert Michel, Hannover, Deutschland. Diese Maschinen sind hochqualitativ und präzise gebaut und sichern konstante Hobelergebnisse. Die Aushobelstärke, in der Mitte gemessen kann zwischen 55-60 1/100mm betragen. Meine Hölzer hoble ich auf 56 aus. Das Holz sollte nicht zu weich und grünlich sein sondern gut getrocknet und jahrelang gelagert sein. Die Farbe sollte ockergelb mit glatter Schale sein. Die Härte eines gehobelten Holzes kann man testen, in dem man das Holz leicht in sich verdreht und dann auf einer Seite wieder losläßt. Das Holz muß in seine ursprünglich gerade Form zurückspringen. Bleibt es verbogen ist es zu weich.

2. Faconschneiden

Das ausgehobelte Holz ca. 20 Min. in Wasser einweichen. Sinken die Hölzer im Wasser zu Boden sind sie genug eingeweicht zum faconieren. Die deutsche Faconform war in früheren Jahren recht breit aber nun geht der Trend zu schlankeren Formen. Ich benütze einen Michel Faconschneider mit 7,1mm Stärke an der Spitze. Immer sehr scharfe Klingen verwenden (Allzweckmesser mit Abbrechklingen) um saubere Kantenschnitte zu erreichen. Das Faconschneiden wird oft unterschätzt. Wer hier sorgfältig arbeitet kann sich viel Probleme beim weiteren Verarbeiten ersparen.

3. Aufbinden (heiß)

Ich verwende die "Aufbrennmethode". Dazu braucht man einen Aufbindedorn vom gleichen Hersteller und Typ der Hülsen die man verwendet. Meine Hülsen sind Klopfer Kopien, 46mm D10. Diese Hülsen sind recht eng an der Spitze. Man muß die hohen Töne etwas anheben beim Spielen aber ich mag den klaren und dunklen Klang im hohen Register. Auch die "kurzen" Noten c,h,a sind stabil und ausgeglichen im Klang gegenüber "langen" Noten. Mit Messingdraht (0,3 mm Stärke) wird eine Doppelzwinge am unteren dicken Ende des Dorns gedreht. Die Zwinge wird dann über die sorgsam gefaltete eingeweichte Facon geschoben. Die Position liegt bei ca. 28mm von der Spitze gemessen. Mit eine Kerze oder einer Gasflamme erhitzt man die Spitze des Dorns. Nicht den Dorn in die Kerzenflamme halten sonst wir der Dorn rußig. Danach schiebt man den Dorn in die Facon. Dann die Zwinge mit einer feinen Zange zusammenziehen bis beide Seiten geschlossen sind. Wenn sich die Seiten nicht schließen lassen, die Facon etwas nach oben ziehen bis sich die Seiten gut schließen lassen. Sollten sich die Seiten sogar überlappen dann genau gegenteilig das Holz noch tiefer auf den Dorn aufschieben. Wenn die Zwinge sauber zugedreht ist und die Seiten aufeinanderpassen, die "Puppe" abziehen und auf die Hülse aufstecken. Das Hülsenende muß plan mit der Zwinge abschließen. Zur Kontrolle mißt man die Position der Zwinge mit einer Schublehre. Position entspricht Hülsenlänge; in meinem Fall 46mm. Die Holzenden auf der Hülse vorsichtig abschrägen. Nicht auf der ganzen Länge, nur ca. 2mm um einen glatten Fadenübergang zu gewährleisten. Dann mit zugfestem Nylonfaden wenige mm vor der Zwinge in Richtung Zwinge binden, dann zurück Richtung Kork. Am Ende gut verknoten oder mit der Schlaufentechnik arbeiten.

4. Schaben der Bahn

Die aufgebundenen Rohre lasse ich mindestens einen Monat ruhen und trocknen. Nicht sofort nach dem Aufbinden aufschneiden und schaben. Bei einer Hülsenlänge von 46mm schneide ich auf 71mm das Rohr ab. Bei anderen Hülsenlängen entsprechend länger oder kürzer. Das freistehende Holz sollte immer 25mm betragen. Die Hauptarbeit übernimmt dann ein Außenhobel, der die Rohre immer in gleichbleibender Qualität vorschabt. Ich übernehme dann nur noch die individuelle Feinarbeit. Hier die Vorgehensweise per Hand: Markiere von der Spitze 10mm nach unten und zeichne mit dem Messer eine Rundung in die Schale. Dann entfernt man die Schale. Alle Schaberichtungen gehen immer von der Markierung in Richtung Spitze. Dann in ca. 45 Grad Winkel auf einer Länge von 1mm die Ansprache an der Spitze einschneiden. Dann die Ansprache weiter dünner schaben. Nun auch die Dreiecke mit runden Schabebewegungen ausarbeiten. Den entstandenen Buckel hinter der Ansprache abflachen. Danach die Seiten organisch von hinten nach vorne dünner schaben aber nicht zu dünn in der Mitte werden lassen. Immer wieder die Messpunkte mit einer guten Messuhr kontrollieren. Das Zentrum des Rohres sollte nie dünner als 40/100mm sein. Ist das Rohr dann immer noch zu schwer, dünner aushobeln. Auch die hinteren Bereiche schaben. Dabei beachten, daß das Rohr von hinten nach vorne stetig dünner werden soll. Keine Hügel und Senken hineinschaben. Nicht beim ersten Mal auf die endgültige Stärke dünn schaben. Wenn schon die ersten Töne möglich sind, lieber ein paar Tage liegen lassen und erst dann weiterarbeiten im Wechsel mit Einspielen. Stets in Ruhe und genau arbeiten, immer die Maße überprüfen vom Hobeln bis zum Schaben. Die Qualität des Rohres liegt nicht allein am Schaben. Alle Faktoren müssen stimmen. Zuletzt muß man auch immer etwas Glück mit einem guten Stück Holz haben. Viel Spaß beim "deutschen" Rohrbau.
siehe auch Rohrbau Zufallssache